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1Arbeitsplatz von Timoféeff-Ressovsky

1931 – 1945

Arbeitsplatz von Timoféeff-Ressovsky

Wie bereits im Vorwort erwähnt, war das 1916 gegründete Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Hirnforschung ab 1930 das erste Institut auf dem heutigen Campus Berlin-Buch. Gründungsdirektor war Oskar Vogt, der gemeinsam mit seiner Frau Cécile Vogt das Ziel verfolgte, Krankheiten des Nervensystems auf ihre biologischen Wirkungsmechanismen hin zu untersuchen.

Um auch genetische Ursachen von Erkrankungen des zentralen Nervensystems untersuchen zu können, überzeugte Vogt 1925 den russischen Genetiker Nikolai Wladimirovich Timoféeff-Ressovsky, mit seiner Frau, der Genetikerin Elena Alexandrovna Timoféeff-Ressovska, nach Berlin zu kommen, um am KWI ein Laboratorium für Genetik einzurichten. Dieses Labor war die Keimzelle für eine zukünftige Abteilung für Genetik im Institutsneubau in Berlin-Buch, der 1931 offiziell eröffnet wurde.

Es waren vor allem die Arbeiten Nikolai W. Timoféeff-Ressovskys über Genmutationen und die Struktur der Gene, die er zum Teil zusammen mit Max Delbrück durchführte, welche dem KWI für Hirnforschung frühe Bekanntheit einbrachten.

Zu sehen ist Timoféeff-Ressovskys Arbeitsplatz, der im originalen Zustand von seinem Labor im zweiten Stock hierher überführt wurde. An diesem Arbeitsplatz begann Timoféeff-Ressovsky seine Arbeiten zur mutagenen Wirkung von Röntgenstrahlung. Er nutzte dafür die Taufliege Drosophila, weil dieses kleine Insekt nur über acht Chromosomen verfügt und bereits zehn Tage nach dem Schlüpfen der Larve Nachkommen produziert. Der Genetiker bestrahlte befruchtete Eier und Larven mit Röntgenstrahlen, um Mutationen auszulösen. Unter der binokularen Lupe konnte er die Tiere untersuchen, das Mikroskop lieferte Bilder besserer Auflösung und Vergrößerung. An seinem Schreibtisch hielt er die Beobachtung fest, dass es eine lineare Beziehung gibt zwischen (Röntgen)-Strahlen-Dosis und Mutationsrate. Anders ausgedrückt: Bestrahlte Tiere entwickelten veränderte Körperteile. Je stärker die Strahlung, umso stärker die Veränderung.

Aus seinen Untersuchungen ging 1934 die Publikation hervor, die rechts vom Arbeitsplatz an der Wand hängt. Darin nutzt Timoféeff-Ressovsky als Erster den Begriff „genetic engineering“. Nur ein Jahr später entstand eine Veröffentlichung über Genmutationen mit den Physikern Max Delbrück und Karl Günther Zimmer. In diesem Werk schlugen die Autoren erstmals vor, Gene als komplexe Atomverbände aufzufassen. Die Arbeit wird heute als „Drei-Männer-Arbeit“ oder wegen ihres grünen Einbands auch „Grünes Pamphlet“ bezeichnet. Sie gilt als Beginn der modernen Genetik in Deutschland.

Die Bedeutung von Nikolai W. Timoféeff-Ressovskys Arbeit geht also weit über Berlin-Buch hinaus. Er prägte die Vorstellung von Genen als Molekülverbänden, wie sie bis heute aktuell ist.

Mehr Information über Leben und Wirken von Nikolai Wladimirovich Timoféeff-Ressovsky finden Sie in der in der Broschüre zur Wissenschaftsgeschichte oder im Rundgang Wissensgeschichte auf dieser Website.