direkt zum Inhalt springen

6Kunst[Nest

Fritz Balthaus
2017, Straßenlaternen, Holz

Kunst[Nest

Die nächste Skulptur befindet sich vor Haus C92, der Forschungseinrichtung für experimentelle Medizin. Wenn Sie in die Straße einbiegen, die zu dem Gebäude führt, sehen Sie sie gleich auf der rechten Seite: die haushohe Skulptur „Kunst[Nest“ des Künstlers Fritz Balthaus. Ein Storchenturm aus Straßenlaternen und Kanthölzern.

Fritz Balthaus wurde 1952 in Oberhausen im Rheinland geboren, er lebt als bildender Künstler in Berlin und der Schweiz. Balthaus lehrte an verschiedenen Kunsthochschulen, u. a. an der Hochschule Luzern, der Technischen Universität Berlin im Fachbereich Kunst und Architektur, der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, als Professor für Bildende Kunst und Bildhauerei an der Universität der Künste Berlin und der Hochschule für Künste in Bremen.

Seine Arbeiten sind oft im öffentlichen Kontext zu sehen und neben Einzelausstellungen auch in zahlreichen Sammlungen im In- und Ausland vertreten.

Wie Störche arbeitet Balthaus mit Material aus der unmittelbaren Umgebung. Das „Kunst[Nest“ ist aus Straßenlaternen errichtet, wie sie auf dem Campus stehen. Deren konische Hohlmasten wurden so oft ineinandergesteckt, bis die Konstruktion das angrenzende Gebäude überragt. Darauf sind Holzleisten angebracht, wie sie in der Fassade des Hauses verbaut sind, vor dem der Turm steht. Größe und die Plattform oberhalb der sich kreuzenden Lampen sollen Vögel einladen, hier zu nisten.

Kunst[Nest vor dem Haus C92

Damit dirigiert Balthaus die Aufmerksamkeit der Betrachtenden auf ihre unmittelbare und mittelbare Umgebung: den grünen Gesundheitscampus in Buch und den Nordosten Berlins.

Letzterer zeichnet sich durch seine unmittelbare Nähe zu Gewässern aus: zu natürlichen, wie der Seenlandschaft und dem Feuchtbiotop Moorlinse, aber auch zu künstlichen, wie den ehemaligen Rieselfeldern, die vor der Einführung von Klärwerken der Reinigung von Abwässern dienten und gemeinsam mit den natürlichen Gewässern zahlreichen Tieren Brut- und Nistplätze boten, wie z. B. Störchen. Die meisten Storch-Arten leben in der Nähe von Seen, Sümpfen und Flussufern. Aus dieser unmittelbaren Umgebung tragen Störche das Material für ihre Nester zusammen. Mit dem Verschwinden der Rieselfelder ist auch das Brutvorkommen in der Umgebung stark zurückgegangen. Hieraus und aus der geplanten Umwidmung der Moorlinse Buch in Bauerwartungsland entwickelte der Künstler Fritz Balthaus die Idee des „Kunst[Nestes“.

Die Skulptur könnte exemplarisch ein positives Bild vom Umgang des Menschen mit Tier und Natur abgeben.
Sie appelliert einerseits an die Politik, die geplante Umwidmung der Moorlinse Buch in Bauerwartungsland noch einmal zu überdenken. Andererseits können die Forschenden des Campus Berlin-Buch darin einen Appell für notwendige Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Zusammenleben von Menschen und Tieren sehen.

Dabei ist es für das Gelingen des Werks nicht entscheidend, ob das Brutvorkommen der Störche durch das Nistangebot auf dem Campus Berlin-Buch reanimiert wird. Allerdings ist die Entscheidung der Störche, das Angebot anzunehmen, integraler Bestandteil des Kunstwerks. Tun sie es nicht, kann es als Warnung vor dem Untergang eines Storchenhabitats gelesen werden. Sollten doch eines Tages hier Störche nisten, kann es für angenommenen Naturschutz stehen. Es sind die Störche, die über den künftigen Charakter des Kunst[Nestes entscheiden.

So gesehen handelt das Kunstwerk vom Zulassen unterschiedlicher Wirklichkeiten. Dies kann und soll auch als Beitrag zum Diskurs zwischen Kunst, Wissenschaft und Naturschutz dienen. Auf die Aspekte der Umgebung und des Leitbilds des „grünen Campus“ weist der Künstler hin, indem er Leuchtmittel als Aufmerksamkeit lenkendes, dramaturgisches Element einsetzt.

Das Kunstwerk wurde mit öffentlichen Mitteln als Kunst am Bau realisiert.

Ein Interview mit Fritz Balthaus finden Sie hier:

Kunst[Nest auf dem Campus Berlin-Buch

Interview: